Bienenhaltung in heidnischer Zeit
Honig und Wachs dienten zu einer Zeit als Zuckergewinnung aus Rüben, Zuckerrohr u.a. noch unbekannt war bei allen Völkern im europäischen Raum zur Lebenssicherung. Das Bild der Biene erscheint schon in Jahrtausende alten Felszeichnungen. Von Tacitus, Plinius, Vergil u.a. wissen wir von den Germanen, daß sie viel und gern Honig aßen und Met tranken. Plinius der Ältere erwähnt für Norddeutschland eine "acht Fuß lange Honigwabe". Ein Bienenschwarm soll sich auf einer Kriegerlanze niedergelassen haben. Bienenwachs wurde bei der Gußtechnik als "verlorene Form" seit der Bronzezeit angewandt. Aber älter als alle diese schriftlichen Überlieferungen ist bei den Germanen die Landwirtschaft. Wann begannen sie damit, von "Hausbienen" Honig zu ernten, anstelle des Honigsammelns von "wilden Bienen"? Der Nachweis dafür ist schwer: Allein Imkereigeräte und hergerichtete Bienenwohnungen können darüber etwas aussagen. Aber da sie aus wenig haltbarem Material bestehen, gehören derartige Funde aus der germanischen Zeit zu den großen Seltenheiten! Es gibt diese überaus seltenen, kostbaren Funde jedoch. Seit Mitte der 30er Jahre haben Archäologen dazu veröffentlichen können (K. Michaelsen "Eine frühgeschichtliche Bienenklotzbeute", Germanen- Erbe, 1939, S. 319 u.a.) In jedem Falle handelt es sich um die nachweislich älteste Form von Menschenhand gefertigter Bienenwohnungen im mittel- und nordeuropäischen Raum, um den Stülper - eine glockenförmige, aus Ruten geflochtene, nach unten offene Haube oder ein Stück ausgehöhlter Baumstamm. Ein Baumstück, nach unten fest verschlossen, bezeichnet man im Unterschied dazu als Klotzbeute, der Honig wird von hinten über eine abgedeckte Öffnung entnommen. Stülper sind relativ leicht, gut beweglich und damit für die Aufstellung nahe menschlicher Siedlungen oder in günstigen Trachtgebieten geeignet. Mit ihnen begann die Hausbienenzucht. Einen bedeutenden Fund machte man 1939 im Vehnemoor bei Oldenburg. Der Klotzstülper aus dem 5. Jh. v.Z. von rund 1 m Länge und 30 cm Durchmesser, ein bis auf wenige Centimeter Stärke ausgehöhlter Stamm aus Buchenholz, lag in 85 cm Tiefe im Torf. Die vordere Wand zeigt zwei halbmondförmige Fluglöcher, dazwischen zwei zusammenliegende Bohrlöcher, noch durch Stopfen aus Eichenholz verschlossen. Der Stülper mit abnehmbarem Deckel enthielt noch eine Menge Wabenmaterial, Bienen- und Brutreste. Dr. Götze von der Rheinischen Lehr- und Versuchsanstalt für Bienenzucht in Mayen konnte feststellen, daß die Bienen einer hiesigen Rasse, der Apis mellifera mellifera angehörten. Nahe Bremerhaven wurde von 1955 bis 1963 die auf einer halligartigen Insel im Wattenmeer gelegene Wurtensiedlung Feddersen Wierde ausgegraben. Die Bewohner des 1. bis 5. Jh. schützten ihre Siedlung durch Dämme und Erdhügel. In einer mit Dung und Humus ausgefüllten Grube lag der obere Teil eines anscheinend unbrauchbar gewordenen Rutenstülpers von nur noch 20 cm Höhe und 30 cm Durchmesser. Die das Korbgeflecht tragenden Rippenstöcke, dazwischen eingeflochtene Weidenruten, waren oben als Knauf zusammengehalten, das ganze - schwer nachweisbar - wahrscheinlich mit einem Gemisch aus Lehm, Kuhdung und Asche überzogen. Im Pollenspektrum rund um den Fund ließen sich mit 141 Wildpflanzen, darunter 25 Bienennährpflanzen, außerordentlich gute Trachtbedingungen nachweisen. 1993 stieß man bei Phöben, Landkreis Potsdam im Rahmen von Erdarbeiten in einer Obstplantage auf einen eiszeitlichen Siedlungsplatz und fand in einer jüngeren Bodenvertiefung Holzreste zweier Brunnen (etwa 3. Jh.). Einer der Brunnen einer germanischen Siedlung, ein aus zwei Hälften mit Rindenbandage bestehender ausgehöhlter Eichenstamm, stand in 2 m Tiefe und war ursprünglich als Klotzstülper gefertigt worden. Er war 70 cm hoch, 30 cm Durchmesser, an einem Ende befand sich ein Innenpfalz für einen Deckelverschluß, am anderen offenen Ende eine ausgelassene rechteckige Aussparung. Der Fertigungsprozeß wurde möglicherweise aus technischen Gründen, Risse im Holz, abgebrochen, so fehlen auch die Bohrungen als Fluglöcher. Eine Zweitnutzung als Brunnenfassung bewahrte das Werkstück für die Forschung. In Alpentälern, bei Freesdorf/Kreis Luckau, bei Edewechterdamm/Kreis Oldenburg, in Berlin&ndashMarzahn u.a. wurden weitere Funde gemacht. Pollenanalysen bestätigten auch im Havelland eine günstige Vegetation als Vorbedingung einer lohnenden Bienenhaltung. Weiterentwicklungen des Stülpers führten dann zum Strohkorb, zur Walze u.s.w. In Ost- und Nordeuropa wurde mit der Klotzbeute Waldbienenzucht, in der natürlichen Umgebung der Bienen, betrieben. Der Zeidler (Bienenzüchter) fertigte für sie dann künstliche Baumhöhlen. Mit ihrem nach hinten zu öffnenden vertikalen Deckbrett waren sie der Anfang der modernen Hinterbehandlungsbeute.